WIE STRESS, ESSVERHALTEN UND GEWICHT ZUSAMMENHÄNGEN

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In unserer schnelllebigen Leistungsgesellschaft ist der Faktor Stress allgegenwärtig. Die meisten Menschen funktionieren im Alltag ­automatisiert. Wie wirkt sich das auf unser Essverhalten aus?

Wir müssen doch fast alle zwischen Beruf, Karriere, Familie, Kindererziehung, Pflege, Freunden und schönen Erlebnissen in der Freizeit jonglieren. Und auch Krisen wie die Pandemie, der Krieg oder die Klimaveränderungen führen zu immer mehr Anspannungen. Darüber hinaus fühlen sich sehr viele Menschen durch die Digitalisierung und durch moderne Medien gestresst. Ständige Erreichbarkeit und Flexibilität sind erwünscht.

Was auf der einen Seite positiv sein kann, setzt uns andererseits gewaltig unter Druck. Zudem hält die Medienwelt uns ein perfektes Ich-Ideal vor, dessen Vergleiche mit uns selbst uns weiter stressen. Dabei betonen die gleichen Medien immer wieder, dass Stress krank macht und wie wichtig ein gutes Stressmanagement für ein gesundes und zufriedenes Leben ist.

WAS HAT STRESS MIT ADIPOSITAS UND GEWICHTSMANAGEMENT ZU TUN?

Der Internist und Begründer der Selfish­Brain-Theorie Achim Peters beobachtete zusammen mit seiner klinischer Forschergruppe: Viele adipöse Menschen bringen eine erbliche Veranlagung mit und dazu Lebensumstände wie

  • Stress
  • Existenzangst
  • Armut
  • Überforderung
  • Prägungen in der Kindheit
  • Einsamkeit und
  • Traumata.

Seiner Ansicht nach entsteht Fettleibigkeit nicht im Körper, sondern im Kopf. Der Zusammenhang zwischen Stress und Gewichtsmanagement wurde in weiteren Studien untersucht und bestätigt. In der Praxis lässt sich zeigen wie relevant ein erfolgreiches Stressmanagement für eine erfolgreiche Adipositas-Therapie ist.

WAS IST STRESS ÜBERHAUPT?

Stress kann definiert werden als Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt. In anderen Quellen findet sich die Definition: Stress ist der individuelle Zustand der Ungewissheit darüber, was getan werden muss, um das körperliche, geistige oder soziale Wohlbefinden zu erreichen. Grundsätzlich gilt, dass ein wenig Stress nicht problematisch ist, aber dauerhafter Stress Folgen für den Organismus hat.

„Stress ist der Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt – der individuelle Zustand der Ungewissheit darüber, was getan werden muss, um das körperliche, geistige oder soziale Wohlbefinden zu erreichen.“

Bei Stress werden Stresshormone ausgeschüttet. DieNebenniere bildet die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin, die zur Vorbereitung einer Flucht- oder Kampfreaktion fungieren. Glucocorticoide werden bei Langzeitstress ausgeschüttet, hier ist das Cortisol relevant. Cortisol verhilft dem Körper zu mehr Energie aus den Energiespeichern und es verringert den Energieumsatz des Körpers.

WIE HÄNGEN STRESSHORMONE, HUNGER UND GEWICHT ZUSAMMEN?

Bei einem hohen Stresspegel mit hohen Cortisolwerten benötigt das Gehirn noch mehr Energie als ohnehin schon, es werden Energiereserven aus dem Körperspeicher genutzt und außerdem kann der Mensch ein stärkeres Verlangen nach Nahrung spüren. Dieses strategische Vorgehen des Organismus gewährleistet einerseits die Energieversorgung, andererseits führt es dazu, dass vermehrt Fettgewebe ausgebildet wird und Adipositas entsteht.

Speziell bei Dauerstress kann es zu einer Insulinresistenz und Einlagerung von Fett kommen. Die Forschergruppe um Achim Peters konnte auch zeigen, dass bei chronischem Stress nicht jeder zu Adipositas neigt. In Tierversuchen wurde deutlich, dass bei hohen Cortisolwerten die Reaktion auf Essverhalten und Körpergewicht unterschiedlich ist. Während die eine Gruppe bei Dauerstress zunimmt, nimmt die andere Gruppe ab. Bei chronischem Stress erhöht sich der Energiebedarf des Gehirns. Typ A-Gestresste ziehen sich die Energie aus dem Körper, werden dünner und sind stresssensibler. Typ B-Gestresste haben das Stresssystem angepasst, ein erhöhter Nahrungsbedarf wird signalisiert und sie nehmen zu.

Die Gewichtszunahme könnte auch als Abwehrstrategie des Körpers betrachtet werden, um die Langzeitschäden von Dauerbelastungen mit erhöhten Cortisolwerten abzuwenden. Bei adipösen Menschen besteht also in der Regel eine Korrelation zwischen Stress und Essverhalten. Dabei kann bei einem erhöhten Stresspegel das Essverhalten unterschiedlich beeinträchtigt werden.

Essverhalten bei erhöhtem Stresspegel
„Ich esse unregelmäßig und halte das Mahlzeitenprinzip nicht ein.“
„Ich esse in der Stressphase nichts, danach nehme ich wieder zu.“
„Ich esse unachtsam (z.B. viel nebenbei, vor dem Fernseher, etc.).“
„Ich achte nicht auf die Portionsgröße.“
„Ich achte nicht auf meine Sättigung und esse zu viel.“
„Ich bevorzuge Essen mit hoher Energiedichte, vor allem zucker- und fetthaltig.“
„Ich werfe meine definierten Ernährungsziele über Bord.“
„Ich vergesse ausreichend zu trinken.“

EIN FALLBEISPIEL

Dieses Fallbeispielzeigt, wie bei einer Person Stress als der wichtigste Aufrechterhaltungsfaktor der Adipositas und der ungünstigen Essgewohnheiten wirkt.

Frau Reiter* ist 45 Jahre alt und bereits im ersten Gespräch der Ernährungstherapie erklärte sie, dass ihr Stresspegel kontinuierlich nahe der 10 auf einer Skala zwischen 1 und 10 (1=kein Stress, 10=extrem Stress) liegt. Frau Reiter arbeitet als Krankenschwester im Schichtdienst in Vollzeit und fühlt sich für die Versorgung ihrer beiden Kinder (8 und 10 Jahre) komplett verantwortlich. Ihr Partner ist aufgrund einer Erkrankung in Frührente und überlässt ihr alle wichtigen Termine.

Frau Reiter fühlt sich für Haushalt, Kinder und Pflege zuständig, weil sie im Elternhaus gelernt hatte, dass sie als Ehefrau und Mutter dazu verpflichtet ist. Sie ist ein typisches Beispiel für eine altruistische Persönlichkeit, die sich für alle anderen in ihrem Umfeld aufopfert. Dadurch steigt ihr persönlicher Stresspegel.

Für sich übernimmt sie keine Selbstfürsorge und sie hat verlernt ihren Körper zu spüren. Frau Reiter hetzt im Alltag von einem Termin zum nächsten, versucht zwar ihre zwei Mahlzeiten regelmäßig einzunehmen, vergisst diese aber auch häufiger mal. Dafür snackt sie zwischendurch Süßigkeiten und andere hochkalorische Lebensmittel, die schnell verfügbar sind.

Ihr Essverhalten ist völlig automatisiert und erfolgt nebenbei. Sie nimmt jedoch wahr, dass zucker- und fetthaltige Nahrung einen beruhigenden Effekt auf sie ausüben. Wenn sie tagsüber vergisst zu essen, ist die Abendportion sehr groß und die Essgeschwindigkeit viel zu hoch. Wenn Frau Reiter im Urlaub ist und dabei entspannen kann, gelingt ihr die Umsetzung des Essverhaltens recht gut. Sie ernährt sich dann bewusst, regelmäßig, achtet auf das Naschen und es finden weniger Zwischenmahlzeiten statt.

Dies zeigt, wie wichtig ein gutes Stressmanagement und das Erlernen von Selbstfürsorge sind. Diese Themen waren zunächst Grundlage in der Ernährungstherapie.

RUNTER MIT DEM STRESSPEGEL!

In einer Ernährungs- und Verhaltenstherapie ist es äußerst relevant sich mit den Alltagsbedingungen und dem selbstgemachten Stress zu beschäftigen, damit dieBetroffenen ihre Ernährungsziele auch einhalten und Gewicht verlieren können. Die wichtigste Maßnahme ist, das Leben zu entstressen.

Sinnvoll sind zum Beispiel Anti-Stress-Programme, die auf der kognitiven Verhaltenstherapie beruhen. Ohne eine langfristige Verhaltensumstellung wird es nicht funktionieren. Auch das Erlernen von Selbstfürsorge ist wichtig. Natürlich hilft auch Bewegung Stress abzubauen. Um den Stresspegel zu senken kann man Aufgaben und Ziele festlegen und die Aufgaben nach Prioritäten sortieren. Ganz entscheidend für dieses Zieltraining ist, sich dort abzuholen, wo man tatsächlich steht und nicht dort, wo man schon sein möchte!

Sie sehen, dass eine Ernährungsumstellung erst fruchtet, wenn die Grundlagen an Verhaltensbedingungen geschaffen wurden. Eine reine Vermittlung von Ernährungswissen hätte im Fallbeispiel von Frau Reiter nicht geholfen.

Quelle: Autorin Sabrina Thaden, 14. Oktober 2022

Fehl- und Mangelernährung verschlechtern die Prognose bei Corona-Erkrankungen

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Besonders gefährdete Personen sollten vorsorglich auf eine gesunde Ernährung achten, die das Immunsystem stärkt. Denn Menschen mit einer Fehl- und Mangelernährung – sowohl Unter- als auch Übergewicht – haben eine schlechtere Prognose einen schweren Verlauf der  Covid-19-Erkrankung zu entwickeln. Dies haben Ernährungsmediziner der Universität Hohenheim herausgefunden.

Quelle: Universität Hohenheim, Stuttgart Mai 2020

Passgenaue Ernährung: Erkennen was einem gut tut

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Eine individuelle, auf Ihre jeweiligen Konstitution und Lebensweise abgestimmte Ernährungsberatung ist ein entscheidender Schlüssel zum Heilerfolg bei ernährungsbedingten Krankheiten. Die Idee, dass alle Menschen eine identische Ernährung brauchen ist widerlegt. Was für den einen gesund ist, kann den anderen sogar schaden. Weiterlesen

FODMAPs

Das Akronym FODMAP kommt aus dem Englischen und ist eine Abkürzung für fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole (engl. fermentable oligo-, di- and monosacharides and polyols).

Der Begriff FODMAP beschreibt eine Gruppe von kurzkettigen Kohlenhydraten und sogenannten Zuckeralkoholen, die fermentierbar (vergärbar) sind. Das bedeutet, das Nahrungsbestandteile mithilfe von Enzymen zersetzt werden, die von Darmbakterien stammen. Die unter dem Begriff FODMAP zusammengefassten Nahrungsbestandteile kommen in der täglichen Ernährung entweder natürlich  vor oder werden bei der Lebensmittelherstellung zugesetzt. FODMAPs sind nicht giftig oder gefährlich, sie können aber an der Entstehung von Verdauungsbeschwerden beteiligt sein.

Eine Gruppe von Ärzten und Ernährungswissenschaftlern aus Australien hatte 2005 die Hypothese aufgestellt, dass bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen die in der Nahrung enthaltenen FODMAPs, für die Verschlimmerung  von Verdauungsbeschwerden verantwortlich sein könnte. Dieser Hypothese lagen sowohl eigene Beobachtungen, als auch Auswertungen vieler Ernährungsprotokolle von Patienten mit eben diesen entzündlichen Darmerkrankungen zugrunde. In den Ernährungsprotokollen wurde erkannt, dass die Patienten ein Übermaß an FODMAP-reichen Nahrungsmitteln zu sich nahmen und diese Beobachtung bildete die Grundlage für die FODMAP-Hypothese.

Was wirken FODMAPs im Darm?

Die FODMAPs sind eine bunte Gruppe von Nahrungsbestandteilen. Verdauungstechnisch        haben die FODMAPs drei wesentliche Gemeinsamkeiten:

Aufnahme im Dünndarm ist erschwert oder unmöglich

FODMAPs werden im Dünndarm nicht bzw. kaum aufgenommen. Dafür gibt es zahlreiche Ursachen:

  • entweder sind die Moleküle zu groß, um die Darmwand zu passieren, dies trifft z. B. für die Polpyole zu, oder
  • die Transportkapazitäten durch die Darmwand sind begrenzt, dies trifft z. B. für die Fruktose zu, oder
  • die Enzymaktivität, die notwendig ist, um einen Transport durch die Darmwand zu ermöglichen, ist limitiert, dies trifft z. B. auf die Laktose zu, oder eine entsprechende Enzymaktivität gibt es nicht, dies trifft z. B. für die Fruktane und die Galaktane zu.

Hohe Wasserbindungskapazität

Die FODMAPs sind sehr kleine Moleküle und können so sehr viel Wasser binden (sehr hohe Wasserbindungskapazität). Dies führt dazu, dass sich Flüssigkeit im Darm ansammelt und dies wiederum führt zu einer erhöhten Transportgeschwindigkeit im Darm mit häufigeren Stuhlgängen und weicherem Stuhl, bis hin zu Durchfall.

Schnelle Vergärung

Alle FODMAPs werden durch Bakterien schnell vergärt. Wie schnell die bakterielle Vergärung abläuft, hängt von der Länge der Kohlenhydratketten ab. Die FODMAPs sind allesamt kurzkettig, werden daher schnell vergärt und führen dadurch schnell zu Symptomen.

Reizdarm

Das Reizdarmsyndrom, abgekürzt RDS oder auch nur Reizdarm genannt, ist eine schwer greifbare Krankheit. Sie wird auch als Funktionsstörung des Verdauungsstrakt ohne Befund bezeichnet. Meistens bestehen über Wochen bis Jahre schmerzvolle Beschwerden im Darmbereich. Krankhafte Veränderungen an Magen und Darm lassen sich in der Regel nicht finden. In Industrienationen haben etwa 15 – 25 Prozent der Menschen ein Reizdarmsyndrom. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Etwa 40 % aller Reizdarm-Patienten sind zwischen 35 bis 50 Jahre alt und 50 % sind jünger als 35 Jahre. Auffällig ist, dass die Zahl der Menschen weltweit steigt, die unter RDS leidet. Weiterlesen

Ernährung bei Rheuma

Bei Rheuma hilft eine Ernährungsumstellung in der Regel immer, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen sowie die Schmerzen und den Einsatz von Medikamenten zu reduzieren.
Eine Ernährungsumstellung kann eine wichtige Unterstützung der Therapie sein. Verschiedene Inhaltsstoffe von Lebensmitteln können dazu beitragen, dass Entzündungen im Körper entweder gefördert oder gehemmt werden. Die entzündungsfördernden Inhaltsstoffe sollten gemieden und hemmende Substanzen bevorzugt werden! Weiterlesen

Ernährung bei Gicht

Menschen mit erhöhten Harnsäurewerten oder Gicht sollten die Nahrungspurine reduzieren oder meiden. Nahrungspurine werden im menschlichen Körper zu Harnsäure abgebaut. Deshalb empfehlen die Beratungsstandards der DGE bei Gicht eine streng purinarme Kost mit maximal 300 mg Harnsäure pro Tag oder eine purinarmen Kost mit max. 500 mg Harnsäure pro Tag. In den meisten Fällen ist letztere ausreichend. Weiterlesen

Was bedeutet eigentlich Ernährungsberatung?

Der Begriff Ernährungsberatung wird für unterschiedliche Beratungen und Therapien verwendet. Ernährungsberatung wendet sich in erster Linie an gesunde Menschen in Form eines Dialoges zwischen Ratsuchenden und Berater. Ernährungsberatung bietet allgemeine Informationen und Entscheidungshilfen zu Fragen des Essverhaltens, des Verbraucherschutzes, zur Auswahl von Lebensmitteln sowie Informationen zu gesundheitlichen Risikofaktoren.

Ernährungstherapie verfolgt ein individuelles Therapieziel und wendet sich an Kranke. Sie setzt eine längerfristige und persönliche Betreuung des Patienten bzw. Klienten voraus und darf nur von Berufsgruppen wie Diätassistenten, Oecotrophologen und Ernährungsmedizinern ausgeübt werden.